VIII. Der Jahrhundertstein auf dem Dorfanger
Ende August 1913 richtete der Probstheidaer Pfarrer an den Rat der Stadt Leipzig die Bitte,
aus Anlass der unmittelbar bevorstehenden Jubiläumsfeier der Völkerschlacht im Ort, ein
Erinnerungsmal zu errichten. Zum Gedenken an die verlustreichen Kämpfe des 18. Oktober 1813
schlug er vor, einen auf Probstheidaer Flur gefundenen erratischen Block als Jahrhundertstein,
so genannt wegen der Jahrezahl 1813 und 1913, aufzustellen.
Von der Stadt erbat man sich eine Freifläche, da Probstheida wenige Jahre zuvor eingemeindet
worden war. Dem Wunsch wurde unbürokratisch entsprochen und am 19.10.1913, unmittelbar nach
einem Jahrhundertgottesdienst in der erst 1818 wiederaufgebauten Kirche, fand die Weihe
des Steins statt. Neben den beiden Daten trug er um die Hauptinschrift vier Namen der am
Sturm auf Probstheida beteiligten Korps- und Brigadekommandeure.
Nach 1945 gestaltete man den Dorfanger um und der Jahrhundertstein lag jahrzehntelang
umgelegt in einer Findlingsgruppe tief im Erdreich. Mit der Zeit verblaßte die Erinnerung
an ihn immer mehr. In Vorbereitung der 175-Jahr-Feier der Völkerschlacht und des 775 jährigen
Ortsjubiläums von Probstheida bereiteten ab 1985 Denkmalpfleger, staatliche Stellen und
Fachbetriebe die Wiederaufstellung vor. Da die ehemals angebrachten Bronzebuchstaben
verschwunden waren, wurde nach Einbettung des Steines in eine Betonwanne die Inschrift
eingemeißelt. Am 23.03.1987 erfolgt in einer Feierstunde die Neuweihung.
Der Jahrhundertstein heute
1988 konnte die Gedenkstätte durch die Aufstellung einer Tafel ergänzt werden. Sie ehrt
die auf Probstheidaer Flur in Massengräbern liegenden namenlosen Opfer des 18. Oktober 1813;
gleich, ob Freund oder Feind und erinnert an die Waffenbrüderschaft jenes Tages.
Auf dem Stein steht für die preußische Seite Friedrich Heinrich Ferdinand Emil v. Kleist,
später Graf von Nollendorf (1763-1823). Als Generalleutnant kommandierte er bei Leipzig
das II. preußische Korps.
Unter ihm diente Prinz August von Preußen (1779-1843). Er kämpfte 1813 als Generalleutnant
und Chef der 12. Preußischen Brigade u. a. bei Dresden, Kulm und Leipzig. Die russischen
Einheiten werden vertreten durch Pjotr Christianowitsch Fürst Sayn-Wittgenstein (1769-1843).
In den Oktobertagen befehligte er als General der Kavallerie ein Armeekorps der Hauptarmee.
Eugen Friedrich Karl Paul Ludwig, Herzog von Württemberg (1788-1857), zeichnete sich als
einer der fähigsten russischen Militärs 1813 bei Großgörschen, Bautzen, Dresden, Kulm und
Leipzig aus.
Weiterführende Literatur: u. a.
- "Leipziger Denkmale", Sax-Verlag, 1998
- "775 Jahre Probstheida", Stadtteilbezirk Südost, 1987
Karl-Heinz Kretzschmar
Beauftragter für Denkmalpflege